Für Körper und Geist
Karate wird leider oftmals gleichgesetzt mit Bretterzerschlagen. Dieses Vorurteil entstammt öffentlichen Schauvorführungen. In Wirklichkeit ist Karate jedoch alles anderes als ein Sport für Selbstdarsteller. Im Training und Wettkampf werden Fuß- und Fauststöße vor dem Auftreten abgestoppt. Voraussetzung dafür ist Selbstdisziplin, Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem Partner und natürlich eine gute Körperbeherrschung, die im Training systematisch aufgebaut werden. Aufgrund seiner vielseitigen Anforderungen an Körper und Geist ist Karate ideal als Ausgleich zu den Anforderungen des Alltags: Der Karateka trainiert Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Reaktion, steigert seine Konzentrationsfähigkeit und schult die eigene Körperwahrnehmung. Das macht fit!
Ein Sport für uns alle
Ob Kampfkunst oder Wettkampf, Ausgleichssport, allgemeine Fitness oder Selbstverteidigung, Karate eröffnet allen Altersgruppen und Interessenlagen ein breites sportliches Betätigungsfeld. Karate ist nicht nur spannend für alt und jung. Durch die Vielseitigkeit fördert Karate Gesundheit und Wohlbefinden. Auch deshalb entscheiden sich Menschen gerne für diesen Sport. Stufe um Stufe wachsen Geschicklichkeit und Leistungsvermögen. Die farbigen Gürtel im Karate sind dabei Hilfe und Ansporn.
Wettkampf und Tradition
Im Karate werden grundsätzlich zwei Wettkampfdisziplinen unterschieden:
Beim „Kumite“ (Freikampf) stehen sich zwei Karateka auf einer Kampffläche gegenüber und versuchen, wertbare Stoß-, Schlag- und Tritttechniken anzubringen. Die Kämpfer tragen Schutzausrüstung und die Kriterien sind so gehalten, dass Verletzungen der Kampfpartner verboten sind: wer sich nicht daran hält, wird bestraft oder disqualifiziert!
„Kata“ (Form) ist eine Abfolge genau festgelegter Angriffs- und Abwehrtechniken gegen mehrere imaginäre Gegner, die sich aus verschiedenen Richtungen nähern. Kampfrichter bewerten die Präsentation der Kata und berücksichtigen unter anderem deren korrekte Technik, Kampfgeist, Dynamik und Rhythmus. Manche Kata wurde über Jahrhunderte von Generation zu Generation weitergegeben und ist Zeuge der Tradition des Karate.
Jedem Vereinsmitglied ist die Teilnahme an Wettkämpfen und Turnieren freigestellt – ob im Kumite oder in der Kata, das entscheidet jeder selbst.
Selbstverteidigung
Viele Karateka üben ihren Sport aus, um sich im Notfall selbst verteidigen zu können. Und tatsächlich ist Karate eine wirksame und praktikable Verteidigungsart. Kraft und Statur spielen in der Karate-Selbstverteidigung nur eine untergeordnete Rolle. Wichtiger sind Schnelligkeit, Geschicklichkeit und Gelassenheit.. Diese Aspekte machen Karate-Selbstverteidigung insbesondere für Frauen und Mädchen interessant.
Ursprung und Philosophie
Die Ursprünge des Karate reichen etwa 1500 Jahre zurück. Chinesische Mönche entwickelten aus gymnastischen Übungen im Lauf der Zeit eine spezielle Kampfkunst zur Selbstverteidigung. Diese Kampfkunst galt auch als Weg der Selbstfindung und Selbsterfahrung. Mönche brachten ihre Kampfkunst auch nach Okinawa, einer Insel nahe am chinesischem Festland, wo sie unter den Einheimischen rasch Verbreitung fand, da ihnen von der herrschenden Samuraikaste das Waffentragen untersagt war. Karate in der heutigen Form ist relativ jung: Erst Anfang des 20. Jahrhunderts brachte Meister Gichin Funakoshi Karate-Do nach Japan und aus der traditionellen Kampfkunst entwickelte sich auch ein Kampfsport mit eigenem Regelwerk.
Auch heute noch spiegelt sich im Karate-Do die fernöstliche Philosophie wider. Übersetzt bedeutet „Karate-Do“ soviel wie „der Weg der leeren Hand“. Im wörtlichen Sinn heißt das: der Karateka (Karatekämpfer) ist waffenlos, seine Hand ist leer. Das „Kara“ (leer) ist aber auch ein ethischer Anspruch. Danach soll der Karateka sein Inneres von negativen Gedanken und Gefühlen befreien, um bei allem, was ihm begegnet, angemessen handeln zu können.
Im Training und im Wettkampf wird dieser hohe ethische Anspruch konkret: Nicht Sieg oder Niederlage sind das eigentliche Ziel, sondern die Entwicklung und Entfaltung der eigenen Persönlichkeit durch Selbstbeherrschung und äußerste Konzentration. Die Achtung des Gegners steht an oberster Stelle.
Gernot RIEDL
Quelle: DKV